Auswirkungen von Greenwashing in der grafischen Industrie

von | 2021 | Nachhaltige Medien, Politik | 0 Kommentare

Greenwashing: Print versus Digital. Viele Aussagen der Digitalindustrie sind irreführend. Die Fakten über Papier hat einmal mehr die Organisation Two Sides zusammengefasst. Bildquelle: GPG.

Die Auswirkungen von Greenwashing und irreführenden Marketing-Aussagen sind enorm. Leider trifft das auch auf die Medien- und Druckbranche zu. Der Blaue Engel ist nicht gleich der Blaue Engel und Grün nicht gleich Grün. Nachhaltige Medienproduktion ist mehr als klimaneutrales Drucken. Two Sides zeigt ein neues Fact-Sheet.

Greenwashing ist weit verbreitet und wird häufig in der Marketingkommunikation eingesetzt, um Produkte und Dienstleistungen fälschlicherweise als umweltfreundlicher darzustellen als sie sind. Das betrifft leider auch die Druckbranche.

Der Papier-, Druck- und Versandindustrie, die an der Produktion und dem Versand von Rechnungen und Kontoauszügen für Haushalte beteiligt ist, droht durch Greenwashing ein Verlust von 54 Millionen Euro in einem Marktsektor, dessen Wert auf 1,1 Milliarden Euro jährlich geschätzt wird.

Die Papierindustrie agiert umweltgerechter als häufig vermutet. Die Organisation Two Sides engagiert sich generell für die Mediengattung Print, liefert Fakten, Umfragen und klärt über Mythen über Papier auf. Bildquelle: Pixabay

Mit dem zunehmenden Wunsch, Kosten zu sparen, konzentrieren sich Dienstleistungsanbieter, kundenorientierte Organisationen und sogar Regierungsstellen zunehmend darauf, Verbraucher und Bürger von papierbasierter Kommunikation auf digitale Dienste umzustellen.

Irreführende Botschaften beim Greenwashing

Allzu oft wird die Aufforderung zur Umstellung auf digitale Dienste von Botschaften begleitet, die versuchen, diese kostensparenden Initiativen mit irreführenden und unbegründeten ökologischen Marketingaufrufen wie „Go Green – Go Paperless“ und „Entscheiden Sie sich für Digital und retten Sie einen Baum“ zu rechtfertigen.

Unbegründete Greenwashing-Botschaften wie diese erreichen und beeinflussen jedes Jahr Millionen von Verbrauchern.

Two Sides, eine gemeinnützige Organisation der Branche, die sich für die Attraktivität und Nachhaltigkeit von Druck, Papier und Papierverpackungen einsetzt,

geht mit einer Anti-Greenwashing-Kampagne aktiv gegen Unternehmen vor,

die irreführende und unbegründete Umweltbehauptungen gegen Druck und Papier veröffentlichen. In den letzten zehn Jahren wurden mehr als 750 globale Organisationen, vor allem Dienstleistungsunternehmen wie Banken, Telekommunikations- und Versorgungsunternehmen, erfolgreich kontaktiert und davon überzeugt, Aussagen dieser Art zu entfernen oder zu korrigieren.

Wie wichtig es ist, Greenwashing zu bekämpfen und zu beseitigen, wird deutlich, wenn man die finanziellen Kosten für die Papier-, Druck- und Versandindustrie, die in Deutschland etwa 40.000 Menschen in mehr als 7.000 Unternehmen beschäftigt, besser versteht:

Eine im Mai 2021 von Two Sides in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut Censuswide durchgeführte Befragung zeigte, dass in Deutschland durch Greenwashing ein Wertverlust von rund 54 Millionen Euro für die Papier-, Druck- und Versandbranche droht.

Papier ist häufig viel nachhaltiger als sein Image, mit CO2-Fußabdrücken, die besonders im Vergleich mit digitalen Medien für die meisten Anwendungen und Formate ausgezeichnet sind. Die Papierindustrie hat enorme Ressourcen und finanzielle Mittel investiert und sich in den vergangenen Jahren nachhaltig transformiert.

Doch Greenwashing kann aufgehalten werden, und bisher hat die Two Sides-Kampagne in Deutschland Folgendes erreicht:

  • Ein Gegenwert in Höhe von 19,5 Mio. € konnte für die Branche bewahrt werden
  • Reduzierung der Anzahl der Greenwash-Botschaften, die jedes Jahr über 197 Millionen Mal gesehen werden können.

Unternehmen, die Greenwashing betreiben, gehen das Risiko ein, ihren Ruf bei den Verbrauchern zu schädigen. Eine von Two Sides durchgeführte Verbraucherstudie in Deutschland ergab Folgendes:

  • 70 % der Befragten wollen das Recht haben zu wählen, auf welchem Wege sie Mitteilungen von Unternehmen erhalten (digital oder gedruckt),
  • 73 % verstehen, dass Unternehmen, die Greenwashing betreiben, durch die Umstellung auf digitale Rechnungen und Kontoauszüge Kosten sparen wollen,
  • 55 % wollen nicht dazu gezwungen werden, auf digitale Rechnungen und Auszüge umzusteigen und
  • 41 % glauben entsprechenden Umweltbotschaften der Unterehmen nicht.

Die Bedeutung der Wälder

Jonathan Tame, Geschäftsführer von Two Sides, kommentiert die Anti-Greenwashing-Kampagne wie folgt:

„Greenwashing-Behauptungen werden von den Verbrauchern nicht gern gesehen, verstoßen oft gegen die geltenden Werbekodizes und schaden einer Branche, die eine solide und sich ständig verbessernde Umweltbilanz vorweisen kann, in hohem Maße. Ein gesunder Markt für forstwirtschaftliche Erzeugnisse wie Papier und Papierverpackungen fördert das langfristige Wachstum der Wälder durch nachhaltige Waldbewirtschaftung und die Förderung der Artenvielfalt.

Wälder spielen eine entscheidende Rolle bei der Abschwächung des CO2-Ausstoßes und bieten weitreichende Vorteile für den Naturschutz und die biologische Vielfalt.

Es mag überraschen zu erfahren, dass die europäischen Wälder jeden Tag um die Fläche von 1.500 Fußballfeldern wachsen.

Wir sind dankbar für die Zusammenarbeit mit Hunderten von Organisationen, die ihr Greenwashing-Behauptungen in ihrer Kommunikation geändert oder sie ganz entfernt haben. Und wir sind dankbar für die vielen Interessenvertreter der Industrie und Mitglieder der Öffentlichkeit, die Two Sides über Greenwashing-Fälle informieren“, schließt Tame.

Two Sides wird auch weiterhin aktiv gegen Unternehmen vorgehen, die Verbraucher durch vermeintlich umweltfreundliche Behauptungen über die Verwendung von Papier in die Irre führen. Bitte senden Sie alle Fälle von Greenwashing an germany@twosides.info.

PDF „Go Green, Go Paperless“

Two Sides hat zu diesem Thema ein PDF veröffentlicht, das sich mit den Auswirkungen von Greenwashing und falschen Marketingaussagen beschäftigt.

Greenwashing: Print versus Digital. Viele Aussagen der Digitalindustrie sind irreführend. Die Fakten über Papier hat einmal mehr die Organisation Two Sides zusammengefasst. Bildquelle: GPG

Und die Druckbranche?

Auch die Brancheninitiative UmDEX informiert seit 2020 über das Thema Greenwashing, denn auch diverse Druckereien vermitteln immer noch, und nicht selten mit Vorsatz, den Eindruck, besonders nachhaltig zu dienstleisten, in einer manipulativen Weise, die dem tatsächlichen Engagement nicht gerecht wird. Tatsächlich, so die Kritik von UmDEX, ist die professionelle Nachhaltigkeit weit mehr als z. B. klimaneutrales Drucken.

Der Ausgleich von CO2-Emissionen ist zwar gut, aber faktisch nicht mit der professionell nachhaltigen Medienproduktion gleichzusetzen.

Als Beispiel führt UmDEX die Irreführung mit den verschiedenen Varianten des Labels Blauer Engel auf. Zwar sei es legal, das Label auf einer Website zu zeigen, wenn eine Druckerei ein Recyclingpapier anbietet, das mit dem Blauen Engel ausgezeichnet ist. Doch verstünden die meisten Printbuyer:innen immer noch nicht den Unterschied zwischen der Verwendung von solchen Papiersorten und dem sehr viel weiterführenden Blauen Engel DE-UZ 195, der sowohl das Papier, vor allem aber die gesamte Produktionsumgebung (Druckprozess, Druckplattenbelichtung, Abfallkonzepte, Druckhilfsmittel etc.) erfasst und auszeichnet.

Nur diese vollständige Produktauszeichnung berechtigt Printbuyer:innen zum Labeling ihrer Drucksachen mit dem Blauen Engel. Die Kampagne Subventionspaket Blauer Engel (KSB) soll Budget- und Maketingentscheider:innen, Kreative und Medienproduktioner:innen über diese wesentlichen Unterschiede und den weiterführenden Nutzten des Labels aufklären.

Über Two Sides

Two Sides ist eine globale Initiative mit Mitgliedern aus der Wertschöpfungskette der grafischen Industrie – von Forst über Druck bis hin zur Altpapierverwertung. Der verantwortungsvolle Einsatz von Druck- und Papierprodukten aus nachhaltig bewirtschafteten Quellen ist einzigartig und wirkungsvoll.

Two Sides ist in ganz Europa, Nordamerika, Südamerika, Südafrika, Australien und Neuseeland aktiv und kooperiert in Deutschland u. a. auch mit UmDEX.

Seit 2010 hat die Two Sides-Kampagne irreführende Umweltaussagen von über 700 Organisationen geändert oder entfernt, darunter viele der größten Unternehmen der Welt. Weitere Informationen: de.twosides.info.

Weitere Gastbeiträge von Two Sides: umdex.de/tag/twosides/

Autorin: Anne-Katrin Kohlmorgen
Two Sides Deutschland
Fasanenweg 3, 21227 Bendestorf
T: 00 49 (0)40 41 40 63 90 / anne@twosides.info / www.de.twosides.info

Jürgen Zietlow

Jürgen Zietlow

Unternehmensberater für nachhaltige Kommunikation

Fachjournalist, Umwelt-Lobbyist | 2005 bis 2017 Chefredakteur Magazin MEDIEN | seit 2010 Analyst für nachhaltige Kommunikation, Social Monitoring/Media | Entwickler LineCore-Methode® (Recherche-/ Redaktionssystem).

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