Für uns haben zwei Ereignisse in KW 43 geblitzt: Die Verleihung des Druck&Medien Award 2017, mit Fokus auf den Gewinner des Awards „Umweltorientiertes Unternehmen des Jahres“ DBM Druckhaus Berlin Mitte GmbHAußerdem: Die Nominierung zum goldenen Windbeutel der Organisation Foodwatch für die dreistesten Werbeversprechen bekannter Marken. 

 

Sachlich betrachtet sind wir Verbraucher die Dummen, denn ganz offensichtlich genügen mittlerweile schon derart plumpe Versprechen, um uns nicht nur zum Kauf drittklassiger Produkte zu animieren, sondern dafür sogar mehr Geld für viel weniger „Nährwert“ auszugeben. Gut, dass Foodwatch uns alljährlich mit dieser Aktion darauf hinweist, wie dreist wir Verbraucher immer wieder und sogar mehr denn je durch Aussagen auf Verpackungen von einigen Lebensmittelherstellern getäuscht werden.

Schließlich liegt es alleine in der Hand von uns Verbrauchern, ob das so bleibt – durch unser Kaufverhalten. Darum darf die Kritik durchaus auch als an uns Verbraucher gerichtet verstanden werden, denn die Produktinformationen, die solche Täuschungen aufdecken, finden sich vor unseren Augen in den jeweiligen Beschreibungen auf den Verpackungen oder in der Werbung selber. Manchmal klingen die Versprechungen schon auf den ersten Blick zu schön, dass sie eigentlich nicht wahr sein können.

Logo goldener Windbeutel

Der goldene Windbeutel ist eine Idee von Foodwatch, einer Organisation, die sich über Spenden finanziert. Der Preis wird presswirksam an Unternehmen vergeben, die mit besonders dreisten Werbelügen aufgefallen sind. Bildquelle: Foodwatch.


Die Message von Foodwatch: Jeder von euch Konsumenten könnte etwas mehr Foodwatch sein und darauf achten, was er kauft.

Neoliberalismus begünstigt
Manipulationen in der Werbung

Wir leben im Zeitalter des Neoliberalismus, einer Wirtschaftsform, die vom Geiste her die Interessen von Profit und Gewinn über die Belange von Menschen stellt. In diesem Umfeld wird mit großem Erfolg auch schamlos immer häufiger auf Manipulation gesetzt. Im Zentrum jeglichen Handelns steht die Gewinnmaximierung. Foodwatch regt immer wieder zum Nachdenken an, z. B. darüber, dass viele Produkte mit teils absolut minderwertigen Zutaten hergestellt werden, trotzdem aber manchmal mehr als das Doppelte vergleichbarer oder besserer Produkte kosten und nicht etwa die Hälfte.

Die große Differenz zwischen Fiktion und Wirklichkeit, der Mehrpreis für weniger Nährwert und mehr Illusion

versickert im Reich von Medien und Werbung. Das muss man erstmal schaffen:

Produkte zu vermarkten, die kurz vor der Deklaration als Restmüll stehen – sie aber dennoch teurer zu verkaufen als hochwertigere Produkte, die mangels Werbung in den Regalen liegen bleiben. Das trifft auf die von Foodwatch nominierten Produkte in der extremen Form nicht zu, aber geschummelt wird dennoch kräftig.

Heiße Luft oft auch
im Online-Marketing

Marketers, vor allem viele kleine und mittelständische Unternehmen, kennen solche teuren Illusionen vom tagtäglichen Onlinemarketing. Während die Konversionen von teuer eingekauften Internetbesuchern laufend weiter sinken, steigen die Preise pro Klick ebenso kontinuierlich. Schließlich kostet der digital geworbene Kunde nicht selten 100, 200, und manchmal auch 500 Euro, realistisch kalkuliert.

Da kann man gleich jedem Neukunden eine Urlaubsreise in den Süden schenken.

Übertrieben, denken Sie? Rechnen Sie mit:

  • Ein Userklick im Google-AdWords kostet bei hart umkämpften Keywords locker zwei Euro, fünf oder sogar mehr.
  • Bei zwei Euro zahlt der Werbetreibende 200 Euro für 100 Besucher.
  • Die Konversionsraten (Erfolgsquoten) liegen im Mittel bei zwei bis drei Prozent.
  • Bei vier oder mehr Prozent Konversion fliegen nicht selten bereits die Sektkorken vor Freude. Damit noch nicht genug:
  • Dazu gesellen sich die Peripheriekosten für SEO-Agenturen, IT-Spezialisten und Leute im eigenen Betrieb, die sich inhouse um diverse andere Aufgaben kümmern.
  • Die Fluktuationsquote nicht zu vergessen: Internetkunden sind polygam.

Auch hier kommen die Kostentreiber aus der Werbe- bzw. SEO-Branche. Es gibt zweifelsfrei viele exzellente SEO-Agenturen, die täglich einen guten Job machen. Fakt ist aber auch, dass ein großer Teil der SEO-Dienstleister durch mangelnde Offenheit und leider teils auch durch grob fahrlässige Versprechungen gewaltige Schäden anrichtet. Wer für die hier entstehenden Fehler aufkommt? Fast immer der Auftraggeber.

Eine SEO-Agentur kann für Fehler kaum in Regress genommen werden, ebensowenig wie eine Werbeagentur oder ein Lebensmittelkonzern, der minderwertige Waren anbietet oder seine Produkte irreführend deklariert.

Der goldene Windbeutel 2017

Einige „Windbeutel-Produkte“ lagen auch schon in unserem Einkaufswagen. Wer hat schon Lust, beim Einkauf jedes Mal die häufig kleinst abgedruckten Details auf den Verpackungen zu lesen? Zudem ist die Illusion so viel angenehmer als die Realität. Beispielsweise wenn der designte Erdbeerejoghurt erdbeeriger schmeckt, als ein Original, selbst, wenn in der Illusion von einem fruchtigen Joghurt nicht eine einzige Erdbeere enthalten ist.

Wenigstens Marken wie Alete

würden es aber doch sicher nicht wagen, bedenkliche Waren an Babys zu verkaufen? Foodwatch sieht das anders: Was auf der Verpackung als „babygerecht“ deklariert wird, bezieht sich nicht etwa auf den Inhalt. In kaum leserlicher Schrift findet sich der Hinweis, so Foodwatch, dass nicht die Qualität, sondern nur die Handlichkeit des Kekses gemeint sei. „Na klar! Mit dieser Logik könnte man auch Schoko-Sahne-Torte als „babygerecht“ bezeichnen – wenn sie in kleine Stücke geschnitten ist. Oder was ist eigentlich mit Lollis, passen doch auch wunderbar in kleine Hände“, so Foodwatch.

Der Protein-Drink Vanille von Bauer

der sich auf Nachfrage von Foodwatch an „eine fitnessorientierte und alltagsaktive Zielgruppe“ richte, ist nicht nur überflüssig, sondern irreführend, wird kritisiert. Denn selbst sportliche Typen würden bereits über die tägliche Nahrungsaufnahme ausreichend oder sogar mehr Proteine aufnehmen als empfohlen:

„Die von der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) für Erwachsene empfohlene Proteinmenge kann problemlos durch eine ausgewogene Ernährung aufgenommen werden. Aus der Nationalen Verzehrsstudie II (NVS II) geht sogar hervor, dass Männer und Frauen in Deutschland im Durchschnitt mehr Protein aufnehmen, als die DGE empfiehlt.“ Ob das die Qualität insgesamt tangiert, ist damit jedoch nicht gesagt. Aktuell bewirbt das Unternehmen das Produkt nach wie vor auf seiner Website und aus unserer Sicht scheint das völlig legitim, denn die angegebene Menge Protein dürfte stimmen. Dennoch bleibt die Werbebotschaft bedenklich.

Ob die Ochsenschwanzsuppe von von Lacroix …

… tatsächlich ein „kleiner kulinarischer Höhepunkt des Tages“ ist, so wie es lt. Foodwatch der Hersteller anheimstellt, müssen wir Verbraucher selber probieren. Gleichwohl erstaunt, dass in einer Ochsenschwanzsuppe nicht einmal mehr homöopathische Rückstände dieses Inhaltes, nämlich vom Ochsenschwanz, zu finden sind, so die Lebensmittelwächter in ihren Recherchen – und das der Hersteller dieses Fehlen der Hauptzutat mit der minderen Qualität von Ochsenschwänzen begründe.

Bei einer 250-Gramm-Packung des Kellogg‘s-Produktes „Urlegenden Müsli Quinoa, Apfel, Cranberries & Chia-Samen“  sind tatsächlich weniger als zehn Gramm des Müslis aus diesem legendären „Urkorn“. Auch hier hat Foodwatch nachgefragt, da im Kleingedruckten zudem zu lesen ist, dass das Produkt neben 20 Prozent Zucker auch Palmöl, Aroma und Zusatzstoffe enthält.

Besonders interessant ist, dass der Konzern, entgegen der Aussagen des Bundeszentrums für Ernährung, schlicht Hafer als Urkorn deklariert. Besonders skurril erscheint vor diesem Hintergrund die darauf basierende Werbekampagne, die suggeriert, dass selbst Kleopatra in etwas so gefrühstückt hat. Sagt Kellogg‘s.

„Becel Omega-3 Öl: viel Geld für wenig Omega-3“, so Foodwatch in seinem Hedliner zur Windbeutel-Nominierung für dieses Pflanzenöl. Unilever, meint Foodwatch, „täuscht mit seinem Becel Pflanzenöl ein hochwertiges Gesundheitsprodukt vor und rühmt das Öl als Quelle von gesundem Omega-3.“ Demnach enthält herkömmliches Rapsöl ein Drittel mehr von der gesunden Fettsäure und sei zudem deutlich günstiger.

Unilever selber wirbt: „für ein gesundes Herz-Kreislaufsystem“ und „3x mehr Omega-3 als Olivenöl“.  Auf dem Produkt wirbt Unilever sogar damit, dreimal mehr Omega als Olivenöl zu liefern. Für Foodwatch ist das klar ein irreführender Vergleich. „Olivenöl enthält naturgemäß nicht besonders viele Omega-3-Fettsäuren (nicht einmal 1 Gramm pro 100 Gramm).“

Fazit

Sicher wird alete das Rennen machen, geht es doch um Babys, die besonders während der ersten Entwicklungsjahre sehr empfindlich auf ungesunde Kost reagieren. Weniger gefährlich oder bedenklich ist aus unserer Sicht das Kellogg‘s-Produkt. Die Werbung ist dennoch die skurrilste, vor allem wegen der epischen und wirklich kaum zu überbietenden Suggestion, sich so zu ernähren wie schon Kleopatra. Zweifelsfrei setzt diese Werbestrategie Bilder im Kopf frei, die uns bei jedem Löffel dieses Produktes ein wenig so fühlen lassen wie die große Herrscherin selber. Wer achtet angesichts dieser erlesenen Kost da schon auf den Preis.

Auch peinlich bis kritisch

Kaum weniger dramatische oder wenigstens ziemlich peinliche Fehler der Werbung hat huffingtonpost.de zusammengetragen. Zwei Beispiele:

 

Eine Fauxpas hat sich auch die Deutsche Bahn mit Ihrem App-Logo geleistet – wir haben im letzten Netzgewitter darüber berichtet. Übrigens: Die Organisation Foodwatch finanziert sich durch Spenden:

Spendenkonto bei der GLS-Bank:
BIC: GENO DEM 1 GLS
IBAN: DE 50430609670104246400