Teufelszeug Papier?

von | 2020, März | Marketing, Nachhaltige Medien

Die Schnittmenge zwischen digitalen und analogen Medien wird zunehmend zu einer Kampfzone: In gesättigten Märkten stagnieren die Werbeausgaben. Das verstärkt den Wettbewerb zwischen digitalen und analogen Medien drastisch.

Aktuell erstarkt eine Petition gegen nicht adressierte Werbepost, initiiert vom Verein Letzte Werbung e. V. Der Initiator ist Sebastian Sielmann, eine bekannte Größe in der Start-up-Szene. Seine Petition fordert, dass nicht adressierte Werbepost grundsätzlich nicht mehr in Briefkästen gesteckt werden darf – nur noch, wenn statt des Aufklebers „Keine Werbepost“ explizit ein Aufkleber „Werbung erwünscht“ angebracht ist.

U. a. heißt es in einem aktuellen Video der Petition:

  • „Jeder Haushalt erhält jedes Jahr 33 Kilogramm, so wörtlich: Papiermüll im Briefkasten.
  • Das Holz hierfür kommt aus der ganzen Welt. (Im Video werden dazu emotionale Bilder von bedrohten Tierarten eingeblendet).
  • Es werden die wertvollsten Ökosysteme der Welt zerstört.
  • 2,8 Millionen Bäume werden dafür jährlich gefällt.
  • Es entstehen Monokulturen, die Waldbrände verursachen.“ Erneut werden Bilder gezeigt. Dieses Mal von brennenden Wäldern.
  • Weiter heißt es, so wörtlich: „Menschen haben kein sauberes Trinkwasser, weil Papierfabriken es verschmutzen …
  • … und verlieren ihre Lebensgrundlage.“

Im Anschluss dieser Botschaften ist der Initiator Sebastian Sielmann zu sehen. Der hält einige Werbeprospekte in der Hand und sagt durchaus sympathisch: und alles dafür?

Hoch emotionale Bilder, die im Kontext recht aggressive Assoziationen erzeugen: Die Druck- und Papierindustrie als Vernichter globaler Wälder? Zerstörer der wertvollsten Ökosysteme weltweit? Verursacher von Waldbränden? Verschmutzer von Trinkwasser und Grund dafür, dass Menschen kein sauberes Trinkwasser mehr haben?

Angesichts der kaum belastbaren Fakten und dieser betonten Emotionalisierung war vorprogrammiert, dass sich verschiedene Verbände mit Fakten zur Wehr setzen würden. Besonders auch das Video lässt nach unserem Eindruck kaum Zweifel daran, dass Papier ein Teufelszeug ist – und Hauptverursacher für viele ethische und ökologische Krisen weltweit und zumindest nicht adressierte Wurfsendungen an den Pranger gehören.

Der Bundesverband Druck und Medien (bvdm) hat gemeinsam mit dem Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) und mit weiteren Verbänden das Bundesumweltministerium, das Bundeswirtschaftsministerium, das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie den Petitionsausschuss kontaktiert und die Unzulänglichkeiten in der Petition dargelegt.

 

Der Verein Letzte Werbung e. V. zeigt in einem Video Bilder und verbreitet Aussagen, die lt. verschiedener Verbände und Organisationen so nicht stimmen. Diese gehen nun auch gegen eine Petition des Vereins vor. Bildquelle: youtube.de

 

1) Keine 1,8 Millionen Bäume für Werbepost

So heißt es in der Petition, nach einem Bericht des Verband Druck + Medien Nord-West e. V., dass für die jährlich verteilte Werbepost 1,8 Millionen Bäume gefällt werden müssten. Tatsächlich jedoch, erklärt der bvdm: „ist Stammholz von ausgewachsenen Bäumen viel zu wertvoll für die Papierherstellung. Deshalb nutzt die Papierindustrie überwiegend Sägewerksabfälle und sogenanntes Durchforstungsholz aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern. Und:

Werbepost besteht zu großen Teilen aus recyceltem Papier.“

2) Weniger Plastik für Werbepost

Die Petition behauptet, Werbepost sei in Plastik verpackt, eine Milliarde Tüten müssten jedes Jahr separat entsorgt werden. Auch das stimmt nicht, so der bvdm. „Außer ‚Einkauf aktuell‘ ist kaum eine Werbepost foliert. Dessen Folie sei jedoch explizit so perforiert, dass sie sich während des Recyclings vom Papier trennt und ebenfalls fachgerecht recycelt wird.“

3) Werbepost verursacht kein „extremes Müllproblem“

Die Werbepost schaffe ein enormes Müllproblem, so die Petition, was so ebenfalls nicht stimmt, erklären die Verbände gemeinsam: „Altpapier ist eine nachgefragte Ressource, unter anderem für Printmedien, Literatur, Hygieneartikel, Verpackungen und den Handel. Seit 25 Jahren sorge die AGRAPA (Arbeitsgemeinschaft Graphische Papiere), in der auch der bvdm aktiv sei, für eine gut funktionierende Entsorgung von Papier und Pappen

mit einer Recyclingquote von rund 80 Prozent“,

unterstreicht Dr. Paul Albert Deimel, Hauptgeschäftsführer des bvdm, das Engagement der Branche. Damit sei Deutschland internationaler Spitzenreiter.

Informations- und Werbefreiheit schützenswert

Zudem verweisen die Verbände auf die Beliebtheit von Werbepost. Jedem Verbraucher sei doch ohnehin bereits freigestellt, einen Aufkleber „Keine Werbung“ anzubringen. Die Schlussfolgerung: Da dies jedoch 73,3 Prozent der Empfänger nicht täten, sei diese Art der Werbung nach wie vor sehr beliebt.

Das scheint logisch, wenn wir bedenken, dass nicht adressierte Werbungen nicht nur Produkte bewerben, sondern auch regionale und lokale Geschäfte, Parteien, Sport- und Kulturvereine, Kiez- und Nachbarschaftsorganisationen, Kirchen und NGOs, die diese Werbeform nutzen.

Diese und weitere Unternehmen könnten sodann nicht mehr frei für sich werben oder über ihre Aktivitäten informieren, was für viele existenzgefährdende Folgen hätte. Insbesondere für das jeweilige Regionalwesen und die so wichtige lokale Kommunikation, hätte dieses Gesetzt wohl katastrophale Konsequenzen, so die Verbände, etwa:

„eine Erosion von lokalen Geschäften, Dienstleistern und nachbarschaftlichen Organisationen: Arbeitsplatzverluste vor Ort, Einbußen von Steuereinnahmen, die Zunahme motorisierter Mobilität in ÖPNV-schwachen Regionen, Benachteiligung wenig mobiler Menschen, Entstehung von Schlafdörfern/-Bezirken statt lebhaft durchmischter Arbeits- und Freizeitquartiere.“

bvdm gegen Letzte Werbung e. V.

Der Verband Druck und Medien Nordwest veröffentlicht eine gemeinsame mit dem bvdm verfasste Stellungnahme und klärt die Öffentlichkeit über die Fakten auf. Bildquelle: Verband Druck und Medien Nordwest e. V.

Fokussiert auf ein einfaches Reizthema

Das Video der Petitions-Initiative gegen nicht adressierte Werbepost erweckt für mich den Eindruck, als sei die Papierindustrie alleinige Ursache für all die dort genannten Missstände. Jedenfalls sind andere Branchen gar nicht erst erwähnt worden: Nicht die Lebensmittelindustrie (Stichwort: Palmöl), die Chemieindustrie (Stichwort: Glyphosat), die Digitalindustrie (Stichwort: Lithium und andere seltene Erden) und auch nicht die Autoindustrie (Stichwort Ölförderung) etc.

Werbepost kennt jeder und eine solche Botschaft lässt sich wohl optimal mit entsprechenden Reichweiten publizieren. So sagt die Initiative:

Letzte Werbung ist eine Bewegung für ganz Deutschland. Wir sind offen für jeden und machen Umweltschutz einfach.

Diese Aussage deckt wohl kaum mit der Realität.

Status der Papierindustrie

Als Journalist beschäftige ich mich seit Jahren auch mit dem Thema der nachhaltigen Medienproduktion. Im Dezember 2019 habe ich einen umfangreichen Fachbeitrag in Kooperation mit dem Fachverband Medienproduktion e. V., konkret für die Umweltinitiative Media Mundo, verfasst. Ein vorläufiger Statusbericht über die Papierindustrie, mit Fokus auf die Papierherstellung und -weiterverarbeitung.

Gemeinsam mit Kollegen habe ich mich dafür durch Hunderte Informationsquellen gearbeitet und Websites, Studien und Statistiken sondiert. Auch solche, die der Papierindustrie kritisch gegenüberstehen.

Die Lieferkette, vom Papierwerk bis zu einem gewissen Teil der Druckdienstleister, zeigt sich faktisch so nachhaltig engagiert und bemüht, wie kaum eine andere Branche. Die Papierindustrie nimmt das Thema Umweltschutz heute sehr ernst. Schnell wird deutlich, dass Umweltschutz nicht einfach ist, sondern real viel harte Arbeit bedeutet. 

Wenn wir darüber sprechen was überflüssig ist,
bleibt kaum noch was übrig.

Theoretisch geht die Welt ohne Werbepost nicht unter. Auch nicht ohne SUVs, Autos insgesamt, ohne Smartphones, Flugreisen, Kreuzfahrten oder Fastfood. Am Ende bleibt an solcher Kritik also nicht viel Faktisches hängen. Dagegen sein? Das genügt wohl kaum in dieser komplexen Welt, in der schon in Europa 500 Millionen Menschen leben, sprich: essen, reisen, konsumieren, wohnen, sich pflegen, gesund halten und ihren Hobbys nachgehen wollen.

Theoretisch könnten nach dem Prinzip auch andere Petitionen mit ähnlichen Begründungen durchgeführt werden: Zum zum Beispiel für ein Verbot von unnötigem Surfen im Internet, da das Internet längst als Klimakiller identifiziert worden ist. Oder ein Verbot von privaten Flugreisen oder Urlaubsreisen generell, ein Verbot von Plakatierungen in den Innenstädten, ein Gesetz gegen unnötige Bestellungen im Internet zur Vermeidung überflüssiger Paket-Versendungen und unzähliger Retouren und so weiter.

So vernünftig solche Verbote auf den ersten Blick erscheinen, so real sind sie bei sachlicher Betrachtung unmöglich oder überflüssig.

Die Folgen solcher „Vollbremsungen“ elementarer Bereiche der Wirtschaft wären enorme Arbeitslosigkeit, soziale Spannungen, Radikalisierung der politischen Steuerung und lebensbedrohliche Gefahren für Millionen von Menschen. Das häufig so locker und flockig kritisierte „System“ würde kollabieren, mit unabsehbaren Folgen.

Prozessorientiertes Vorgehen

Die unfassbare Komplexität der vernetzten Weltwirtschaft – und die von Ursachen und Wirkungen, lassen uns keine andere Wahl als schrittweise, also prozessorientiert zu handeln. So macht es auch die Papierindustrie, mit nennenswerten Fortschritten, denken wir nur an die gewaltige Recyclingquote von über 70 Prozent. Papier oder Kartonagen sind zudem häufig alternativlos, denken wir nur an Verpackungen, Kartons, Briefumschläge oder Kuverts.

Auch andere Industrien kommen schrittweise voran. Es dürfte eine oder vielleicht sogar zwei Generationen brauchen, um zum Beispiel von einer fossilen Mobilität in eine nachhaltige zu wechseln. Auf dem Weg zu den jeweiligen Lösungen werden Fehler gemacht, denn wo gehobelt wird, fallen Späne. Schließlich wird es gelingen, aber nicht durch radikale Verbote.

Strikte Verbote sind in den meisten Fällen mit einer realistischen Zukunftsgestaltung nicht kompatibel.

Letzte Werbung e. V., Website

Der Verein Letzte Werbung e. V. lädt auf seiner Website zum aktiven Umweltschutz und zum Mitmachen ein. So heißt es „Wir sind offen für jeden und machen Umweltschutz einfach.“ Bildquelle: Website von Letzte Werbung.

Greenwasher aussortieren!

Leider ist das Engagement bei den Druckereien, also den Weiterverarbeitern von Papier, weniger ausgeprägt wie in der Papierindustrie. Hierauf hätte die Petition, einmal von weiterführenden Fakten abgesehen, näher eingehen können, denn die Kernfrage ist doch, wie Papier weiterverarbeitet wird, wenn es schon zunehmend nachhaltig hergestellt wird.

Nur sehr wenige, kaum mehr als 15 bis 20 Offsetdruckereien und ggf. 50 Druckereien insgesamt, von etwa 8.000, sind bis dato bereit, grundsätzlich hohe Umweltstandards einzuführen und sich ihr prozessorientiertes Engagement „amtlich“ durch verifizierbare Labels wie EMAS, Blauer Engel RAL UZ 195, DIN ISO 14001 oder 50001 und weitere bestätigen zu lasen.

Wem wirklich am Umweltschutz und an an regionaler Kommunikation gelegen ist, empfehlen wir, Werbeprospekte auf Nachhaltigkeit zu sondieren. Das ist simpel:

Firmen, die Print nachhaltig einkaufen, kennzeichnen ihre Drucksachen zum Beispiel mit Labels ihrer Druckereien deutlich, etwa mit den vorgenannten.

Wie wir als Einkäufer von Drucksachen hochwertige Umweltlabels erkennen und Greenwasher von den wenigen nachhaltigen Druckereien unterscheiden können, hat der Umweltexperte Guido Rochus Schmidt in einem Fachbeitrag „Grün ist nicht gleich Grün beschrieben und Beispiele für nachhaltige Druckereien benannt, etwa:

Wenn wir Drucksachen aussortieren, die bei Greenwashern gedruckt wurden, also fehlende Hinweise auf Nachhaltigkeit zum Anlass nehmen, diese Werbepost unfrankiert an den Absender mit der Aufschrift „zurück zum Absender“ (unter Angabe der Adresse) zurücksenden, werden wir im Regelfall nicht weiter belästigt.

Damit leisten wir selbstbestimmt viel mehr, als wenn der kommunalen Wirtschaft und regionalen Vereinen per Gesetz die Chance auf Informationen verboten würde.

Ebendas, nicht eine Petition für noch mehr Verbote, ist unsere Freiheit auf Information und zur selbstbestimmten Wahl für umweltschonende Drucksachen.

Kritische Betrachtung digitaler Kommunikation

Ich unterstelle dem Initiator der Petition und des Vereins Letzte Werbung e. V., Sebastian Sielmann, generell gute Absichten, doch dürfte er als Online-Stratege und digitaler Routinier bestens wissen, welche Knöpfe zu drücken, welche Töne anzuschlagen und welche Emotionen zu wecken sind, um Gehör zu finden.

Leider ist die spezielle Form der modernen, digitalen Kommunikation grundsätzlich auch Treiber und Nährboden für naive und teils auch radikale Ansichten und Gruppierungen wie:

  • Klima- und Umwelteuphorisierte oder
  • Klimaignoranten und Rassisten, häufig beides in einem.

Hier besteht eine zunehmend schmerzhafte Desiformiertheit bei den jeweiligen Rezipienten. Und ein Overload von Informationen. Phrasen und Floskeln genügen dann schon, um Zielgruppen zu forcieren. Darum radikalisieren sich die Gruppen immer weiter.

Auch Greenwasher kennen diesen Umstand bestens und nutzen ihn für ihre oberflächlichen Botschaften, die zumeist nur aus einigen hübschen Bildern und substanzlosen Informationen bestehen.

Ohne den Verein Letzte Werbung e. V. oder seinen Initiator in diese Ecke schreiben zu wollen, habe ich jedenfalls im Umfeld der Petition kaum belastbare Informationen gefunden, etwa Studien oder Statistiken, gleichwohl die Aussage, Umweltschutz einfach machen zu wollen. Demgegenüber kenne ich viele Umweltberichte von Papiergroßhändlern oder Papiermühlen, in denen umfassend und detailliert über die schrittweisen Erfolge von Umweltschutzmaßnahmen berichtet wird. Auch legt die Papierindustrie Statistiken und Studien vor, wie z. B. zusammenfassend in dem Mythen und Fakten über Papier.

Der Initiator ist kein Fall von Greenwashing. Dennoch fühlt sich das Vorgehen des Vereins für mich jedenfalls in Teilen so an.

Auch Greenwasher in der Druckbranche wissen genau, wie sich der Boom von Umwelt- und Klimaschutz allein durch oberflächliches Infotainment bergen lässt, ohne selbst etwas beizutragen – weder Ressourcen noch Taten oder Investitionen. Leere Headlines, gemacht von Headlinern, die wissen, dass Drucksacheneinkäufer eigentlich nichts Genaueres wissen wollen?

Berufsbedingt bin ich neugierig, was die jeweiligen Hintergründe betrifft. Der Macher aus der Berliner Start-up-Sphäre, der, so sieht es für mich aus, vom Saulus zum Paulus wurde? Ich würde es ihm hoch anrechnen, aber für mich offenbart sich der Grund für sein aktuelles Projekt nicht.

Wie erwähnt, steht es uns Verbrauchern doch ohnehin frei, einen Sticker an unseren Briefkasten „Bitte keine Werbung“ anzubringen – und gut.

Warum also ein Verein? Warum eine Petition? Warum die Auftritte in den Medien? Warum „Bekannt aus Funk und Fernsehen“? Warum Adressdaten über eine Petition sammeln? Warum eine Website mit sehr wahrscheinlich rasch steigenden Zugriffszahlen, so populär das Thema doch ist? Wenigstens lassen mich diese Fragestellungen im Zeitalter von Influencern und digitalem Marketing an ausschließlich hehren Zielen zweifeln.

In einem Interview mit Chritstina Cassala von deutsche-startups.de vom 16.09.2014 wird zu Person des Initiators ausgeführt:

„Vor und während seines Studiums gründete er ein Musikfestival, ein Digitaldruckunternehmen und eine Kongressveranstaltung an seiner Universität. Nach dem Abschluss arbeitete er in unternehmerischen Position für Rocket Internet, Wimdu und deltamethod.“

Rocket Internet (Stichwort Zalando und Millionen von Paketen) wurde nicht selten in den Medien kritisiert. Als Digitaldrucker war Sebastian Sielmann selbst in der Druckbranche tätig und wird die Kritik der Verbände wohl verstehen. Im besagten Interview ging es um woonder, eines der damaligen Projekte von Sielmann. U. a. sagt der Unternehmer dort: „Der größte Wettbewerber für den Marktplatz sind die Gelben Seiten.“ Die gelben Seiten gibt es immer noch.

Konstruktive Kritik ist gute Kritik

Für mich ist die echte Purpose-Bewegung aus einem anderen Holz geschnitzt. Da sind Start-ups auf der Suche nach Sinn und Zweck von geschäftlichen Handlungen. Angesichts von Konsolidierungen und Stagnation, die sich für die 2020er-Jahren abzeichnen, treten viele dieser Start-ups überzeugend und konstruktiv auf. Viele Köpfe, die sich regelrecht quälen und etwas Nützliches beitragen wollen.

Die Initiative generiert aus meiner Sicht keine greifbaren Mehrwerte, außer denen, Mitstreiter gegen etwas zu finden.

Es ist etwas anderes, wenn Unternehmen auf ihr besonderes Engagement im Umweltschutz hinweisen, wenn sie selbst proaktiv etwas leisten und sich durch entsprechend sachliche Argumente von Marktbegleitern abgrenzen möchten, so, wie es die vorgenannten Druckereien machen.

Ich habe diese Druckereien im Laufe der Zeit allesamt persönlich besucht. Die Unternehmen gehen real bis an die Grenzen ihrer personellen und finanziellen Belastbarkeiten, um mehr als die geforderten Umweltleistungen umzusetzen. Zudem sind diese Unternehmen gute Arbeitgeber in den Regionen, stärken die Kommunen und leisten so einen gesellschaftlichen Beitrag.

Konstruktiv ist für mich das Finden der richtigen Balance von ökologischen und ökonomischen Belangen.

Mit Blick auf dieses Engagement, ist mir die Petition nicht konkret genug und differenziert gar nicht erst zwischen Greenwashern und nachhaltigen bzw. umweltorientierten Dienstleistern. 

Jürgen Zietlow

Jürgen Zietlow

Unternehmensberater für nachhaltige Kommunikation

Fachjournalist, Umwelt-Lobbyist | 2005 bis 2017 Chefredakteur Magazin MEDIEN | seit 2010 Analyst für nachhaltige Kommunikation, Social Monitoring/Media | Entwickler LineCore-Methode® (Recherche-/ Redaktionssystem).

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