Storytelling: Bilder, die wir nie vergessen!

von | 2019, Juni | Content Strategie

Kunden, die ein Angebot mit Bildern im Kopf verbinden, können sich besser erinnern – selbst nach Jahren. Da zwischen Kaufabsicht und der Entscheidung Tage und Monate vergehen können, profitieren Unternehmen, die dank Storytelling in Erinnerung bleiben. 

Erinnern Sie sich noch an die Momente Ihrer Kindheit, wo Ihnen jemand eine spannende Geschichte vorgelesen oder auch frei erfunden erzählt hat? Die meisten können sich noch sehr gut an die Geschichten, besonders die Bilder erinnern, die dabei in der eigenen Fantasie entstanden sind.

Auch mein Vater hat mich in meiner Kindheit bei ausgedehnten Spaziergängen mit Geschichten bei Laune gehalten – mit sagenhaften Storys, die er teilweise selbst erfunden hat.

Eine Beule in seinem Ohrläppchen, über die ich als Knirps unbedingt mehr wissen wollte, war demnach kein gewöhnliches Atherom. Vielmehr tischte er mir die Story auf, früher einmal eine riesige Ananas-Plantage besessen zu haben. Um die süßen Früchte vor bösen Dieben zu verteidigen, sei er mit seinem Pferd über die Ananas-Bäume gesprungen – sein Ross konnte sich nämlich, neben den gewöhnlichen Eigenschaften eines normalen Pferdes, zudem wie die Affen von Ast zu Ast hangeln. Gelegentlich sei es zwischen meinem Vater und den bösen Ananas-Dieben zu Schusswechseln gekommen. Im Kugelhagel sei eine Patrone in seinem Ohr stecken geblieben.

Noch heute habe ich dieselben Bilder im Kopf, die in meiner Fantasie vor 40 Jahren entstanden sind. Die Plantage, das Pferd, mein Vater darauf, die Bäume, die Umgebung. Zu Zeiten vom Räuber Hotzenplotz, dem bösen Wolf und anderen aus heutiger Sicht im Grunde nicht jugendfreien Kindermärchen,

war diese Story ein echter Blog Buster für uns Kids.

Bilder im Kopf Ihrer Kunden

Geschichten oder Erzählungen ohne Bilder bzw. Filmsequenzen, erzeugen zwangsläufig eigene Bilderwelten in unseren Köpfen – ein Reflex, der sich nicht abstellen lässt. Wenn wir demgegenüber nur Fakten wie Zahlen oder Begriffe hören oder sehen, bleibt das Kopfkino geschlossen.

Im Wissenschaftsmagazin „Psychological Science“ veröffentlichten Forscher der University of Waterloo in Kanada unter der Leitung von Myra Fernandes eine Studie, die beweist, dass Menschen sich Sachen, Umstände und Wörter wesentlich besser merken können, wenn sie entsprechende Bilder dazu ordnen – sich also selbst kleine Geschichten dazu erzählen. Diese Methode ähnelt Eselsbrücken, mit denen wir uns Fachbegriffe, Namen oder Vokabeln viel besser merken können.

Die Geschichten meines Vaters sind auch nach Jahrzehnten noch gut in Erinnerung, besonders wegen der Bilder von der Ananas-Plantage, die damals vor meinem inneren Auge entstanden sind. Sogar den Wald, durch den wir während seiner Geschichten gelaufen sind, habe ich deshalb immer noch gut in Erinnerung. Erstaunlich!

Fakten und Botschaften mit Bildern verknüpfen

Diesen psychologischen Effekt nutzen Unternehmen mit verhältnismäßig einfachen Mitteln, in dem sie anstelle von Fakten, Argumenten und Zahlen, wahre und ggf. auch fiktive, in jedem Fall aber theoretisch denkbare und mögliche Storys über ihre Produkte erzählen und die Fakten dort subtil einflechten.

Immer noch werden Kunden auf Websites von Unternehmen häufig jedoch nur mit Fakten wie Preisen, Sonderangeboten oder technischen Spezifikationen abgeholt. Diese Informationen sind zwar wichtig, können aber meistens nicht behalten werden.

Was Kunden wollen, nicht was Unternehmen können

Käufer fokussieren bei der Recherche auf ihren eigenen Nutzen also die Wirkung, die sie mit der Ware oder Dienstleistung erreichen möchten. Wie der Dienstleister den gewünschten Nutzen oder eine Wirkung erreicht, ist aus Sicht von Kunden meistens kaum relevant.

Erfolgreiches Storytelling soll bildhaft zeigen, ob und das Unternehmen die Wünsche ihrer Kunden erfüllen können und nicht wie, also mit welchen Maschinen, welcher Produktionsfläche und so weiter. Technische Fakten, Maße, Preise etc. werden stattdessen viel besser behalten, wenn sie mit Storys oder Anwenderberichten gekoppelt sind.

An relevante Inhalte können sich Kunden damit viel besser erinnern.

Bei potenziellen Interessenten und Kunden in Erinnerung zu bleiben, ist angesichts von starkem Wettbewerb, von digitaler Flüchtigkeit und dem digitalen, informellen Overload elementar wichtig – zunehmend sogar überlebenswichtig, denn:

  • Diverse Studien (vgl. auch Statista) verdeutlichen, dass zwischen der Kaufentscheidung und dem tatsächlichen Kauf mehrere Tage, häufig sogar mehrere Wochen oder sogar Monate vergehen können. Mit zunehmender Wertigkeit und Komplexität der eingekauften Sache oder Dienstleistung wächst diese Zeitspanne im Mittel, da länger recherchiert wird.
  • Push-Werbung wie bezahlte Anzeigen erreichen die Kunden also meistens gar nicht zum Zeitpunkt des Kaufes, sondern nur in der Phase der Kaufabsicht, inmitten der Recherchephase.
  • Mittlerweile gibt es unzählige digitale Möglichkeiten, sich bestimmte Angebote im Internet zu merken. Lesezeichenmanager, die Verlinkung auf dem eigenen Desktop, ein Link in einer Recherchedatenbank, in einem digitalen Kalender oder auf einer Workflow-Pinnwand im Internet, denken wir nur an Wunderlist oder Meistertask.
  • Viele dieser Merklisten beinhalten Hunderte Einträge, die sich trotz aller Struktur schnell verlieren, genauso wie Bookmarks im Internet.

Diese zeitliche Versetzung eine eine von mehreren Erklärungen dafür, warum die Konversionsraten, also z. B. auch Käufe, in Relation zum bezahlten Traffic häufig so mager sind. Wenn die erzählte Geschichte oder ähnliche Inhalte relevant sind und das widerspiegeln, was Käufer mit ihrem Kauf erreichen wollen, werden sie sich in der Kaufphase durch die eigenen Bilder im Kopf besser an das Angebot erinnern.

Im Storytelling stecken große Umsatzpotenziale

Ich bin sicher, dass sich die Sales-Quote in der Gruppe der gekauften Websitebesucher eines Webshops bei Interessenten, die nicht sofort kaufen, durch gutes Storytelling um mehrere Hundert Prozent steigern lässt, also von z. B. zwei von Hundert auf sechs oder mehr von Hundert.

Dieses Erinnern, wenn es darauf ankommt,

ist nach meiner Überzeugung eines der am meisten unterschätzen Potenziale im Internet-Business. Storytelling ist ein optimales, erprobtes, wissenschaftlich bestätigtes, digitales Marketingwerkzeug, um der Flüchtigkeit, dem riesigen Wettbewerb und dem Overload zu begegnen.

In den von uns entwickelten Geschichten integrieren wir Fakten, jedoch stets der Geschichte untergeordnet. Dazu zählen Preise, Rücklaufquoten, Formate, technische Spezifikationen, Gewichte und so weiter:

  • Ein aktuelleres Beispiel ist der Beitrag Wetten … dass? Die Los-Wette: Hier erzählen wir die Geschichte einer Agentur, die mit ihrem Kunden um die Rücklaufquote von Losen als Werbemittel wettet. Die Agentur wettet, dass mindestens 20 Prozent erreicht werden. Wenn nicht, würde sie die gesamten Kosten der Kampagne für ihren Kunden übernehmen.
  • Eine ältere Story erzählt die Beobachtung eines Unternehmers in der Kantine: Fünf Azubis versammeln sich mit ihren Smartphones um einen Wandkalender und planen ihre Urlaube. Die Szene beschreibt die Macht gedruckter Medien, in diesem Fall von einem Wandkalender, der für den Augenblick mehrere Smartphones toppt.
  • Ein anderes Mal beschreiben wir das Treffen von drei Führungskräften auf einer Fachmesse. Während zwei jeweils besonders schön formatierte und hochwertige Visitenkarten vorlegen, kann einer nur mit einer 08/15-Karte aufwarten. Die Bilder, die Leser dazu im Kopf speichern, sind fundamental für das Erinnern.

Relevante Inhalte selbst entwickeln

Eine zum Storytelling erweiterte Strategie im Content-Marketing wird als Storydoing bezeichnet und bedeutet, dass eine Marke etwas unternimmt, etwas entwickelt und einen Anlass erschafft, um über ein bestimmtes Thema berichten zu können, zum Beispiel:

  • Ein Unternehmen engagiert sich für ein soziales Projekt, z. B. durch Förderung einer speziellen Sportart und liefert dazu z. B. auch Produkte oder Dienstleistungen.
  • Die Entscheidung, weitestgehend nachhaltig und umweltfreundlich zu handeln, wird fortlaufend dokumentiert und einzelne Meilensteine über Storys beschrieben.
  • Ein Unternehmen verschenkt ein hochwertiges Produkt an 20 Kunden, die es als Gegenleistung gründlich testen. Über die Erfahrungen und die verschiedenen Anwendungsszenarien wird berichtet.
  • Auch Wettbewerbe oder Aktionen wie die Vorstellung ausgewählter Kunden sind geeignet, um darüber zu berichten.

Solche Storys unterstreichen die Werte des Unternehmens, steigern die Kompetenz, schaffen Vertrauen und bleiben, wie erwähnt, in Erinnerung. Zudem wird der Vertrieb proaktiv unterstützt, der per Link auf bestimmte Inhalte hinweisen kann.

Gut erzählte Geschichten sind zudem ein optimales Mittel, um schwierigen Sachverhalten die Komplexität zu nehmen. Ein Softwareunternehmen kann etliche Funktionen aufzählen. Am Ende interessiert den Kunden jedoch nur, ob das Programm seine Anforderungen erfüllt und nicht wie.

Diese Fakten kann eine relevante Story signifikant besser transportieren.

Lohnt sich Storytelling für Sie?

Jedes Unternehmen hat viele eigene Geschichten zu erzählen: über Kunden, von Mitarbeitern, Erfolgsgeschichten, über Alleinstellungen und so weiter.

Die Disziplin Storytelling im Content-Marketing ist kein direkter Sales-Channel und wirkt nicht so schnell wie bezahlt Werbung – dafür aber sehr langfristig. Häufig wirken solche Inhalte noch nach zehn oder 15 Jahren und können, z. B. auch über Google und andere Dienste, gefunden werden.

Keine digitale Zukunft, ohne relevante Inhalte!

Ich höre immer wieder, dass die Erfolge im Content-Marketing nur schwer messbar sind. Zeitgleich sind aber viele mit den messbaren Ergebnissen von herkömmlichen Werbekampagnen nicht zufrieden. Häufig konnte beim Advertising konkret nur gemessen werden, dass eine Anzeigenkampagne nicht erfolgreich war.

Content-Marketing ist keine generelle Alternative zur direkten Push-Werbung, positioniert sich im digitalen Marketing jedoch als elementar wichtige Ergänzung. Gute Inhalte sind wie das

Einsparen auf eine digitale Reichweite in die Zukunft.

Ein einfaches Rechenbeispiel

Bereits bei zwei Beiträge im Monat rentiert sich ein Blog (Content-Hub) schon nach circa einem Jahr . Selbst, wenn jeder Beitrag im Durchschnitt nur 20 zusätzliche Besucher im Monat anziehen würde. Je nach Branche, Themen, Frequenz der Website etc. werden dies weit mehr sein.

Doch schon bei diesem einfachen Beispiel würden 30 Beiträge nach 2,5 Jahren 600 sehr speziell interessierte Besucher zusätzlich jeden Monat anziehen. Wenn die Beiträge untereinander vernetzt werden und per Link aufeinander referenzieren, wird jeder einzelne Beitrag dadurch im Laufe der Zeit sogar noch weiter gestärkt – die Sichtbarkeit und das SEO-Gewicht verbessern sich.

Auf dieses Beispiel bezogen, werden zunächst vielleicht 15 Leser im Monat erreicht und nach 2,5 Jahren dafür jedoch durchaus 100 oder mehr. Manche Suchergebnisse in Suchmaschinen verweisen auf Inhalte, die älter als zehn Jahre sind und seither regelmäßig äußerst relevanten Traffic generieren.

Unternehmer fragen sich zunehmend, ob sie es sich künftig noch leisten können, nicht zusätzlich auf relevante Inhalte zu setzen, während sich die Marktbegleiter Wettbewerbsvorteile durch gute Inhalte erarbeiten, die lange Zeit wirken. 


Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird ganz oder teilweise auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche betreffende Bezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlecht.
Jürgen Zietlow

Jürgen Zietlow

Unternehmensberater für nachhaltige Kommunikation

Fachjournalist, Umwelt-Lobbyist | 2005 bis 2017 Chefredakteur Magazin MEDIEN | seit 2010 Analyst für nachhaltige Kommunikation, Social Monitoring/Media | Entwickler LineCore-Methode® (Recherche-/ Redaktionssystem).

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